Silvester - Was tun mit dem Hund?
Kurz vor dem Jahresende mehren sich bei den Hundeschulen die Anfragen für "Silvester-Trainings". Die allgemeine Frage "was kann ich tun, damit Fiffy keine Angst an Silvester hat?" kann man leider nicht so allgemein beantworten. Ich sage sogar den Menschen am Telefon meist, dass ein Silvester Training schwer bis gar nicht möglich ist.
Lesen Sie jedoch hier, was Sie tun können, um Ihrem Hund den Jahreswechsel etwas zu erleichtern oder gar zu verbessern.
(Achtung: Ich versuche den Artikel möglichst bildlich und einfach verständlich zu formulieren, damit jeder ihn versteht. Fachausdrücke werden nicht genutzt und einige Sätze würden in einer fachlichen / wissenschaftlichen Diskussion so nicht fallen.)
An Silvester vertreibt der Mensch rund um die Erde mit Feuerwerk die bösen Geister und feiert in das neue Kalenderjahr hinein. Während jedoch die Zweibeiner die Geister versuchen zu verscheuchen, ist für Hasso, Fiffy und Luna diese Zeit durchaus schwierig. Man könnte sogar sagen, dass die Geister, die der Mensch loszuwerden versucht, einen Großteil der Vierbeiner an diesem Abend heimsuchen.
Zuerst möchte ich betonen, dass die hier vorgestellten Methoden und Hilfsmittel nicht für alle Hunde eine Erleichterung an den Tagen rund um Silvester bringen. Bei dem Thema "Silvester und Hund" gibt es viele Ansätze, die an's Ziel führen können. Leider jedoch ist eine Gewöhnung an die Böllerei für einen sehr ängstlichen Hund schwer zu verwirklichen. Einerseits fehlt die Möglichkeit lang genug und vorbereitend in regelmäßigen Abständen mit dem Hund und Feuerwerk zu trainieren, andererseits würde (selbst wenn man eine Genehmigung bekommen würde dies allabendlich zu trainieren) ein reales Training Ihren Geldbeutel gehörig erleichtern.
Dennoch möchte ich ein paar Punkte vorstellen, die zumindest einem Teil von Ihnen helfen KANN.
"Geräusch CDs"
Es gibt mittlerweile diverse Anbieter von Geräusch CDs, die eine Gewöhnung des Hundes versprechen. Traurigerweise ist hier längst nicht alles Gold was glänzt und mit der Ehrlichkeit der Anbieter sollte man nicht rechnen. Deshalb erst mal eine kurze Klarstellung zu Geräusch CDs.
Das größte Problem solcher Medien ist, dass bei Weitem nicht jeder Hund darauf reagiert. Wie die meisten Hundebesitzer wissen, ist das Gehör des Hundes anders als des Menschen - Hunde hören z.B. eine größere Bandbreite an Geräuschen. Denken Sie z.B. an die Hochfrequenzpfeifen für Hunde. Auf die genauen Unterschiede wollen wir aber hier nicht eingehen.
Digitalisierte Geräusche aus der Lautsprecherbox wirken auf die meisten Hunde nicht so verängstigend wie das entsprechende Live-Erlebnis. Rund die Hälfte der Hunde reagiert auf digitalisierte Geräuschvarianten minimal bis gar nicht. Testen Sie also ruhig in Ruhe zu Hause erst, ob Ihr Hund auf Töne aus dem Fernseher oder den Lautsprechern reagiert. Sparen Sie sich das Geld für eine CD und spielen Sie zuhause Online Videos auf den bekannten Video-Plattformen ab. Sie können so schnell feststellen, ob Ihr Hund auf digitalisierte Geräusche reagiert.
Gehen Sie mit gesundem Menschenverstand an die Situation heran und lassen Sie beispielsweise ein Silvester Video von YouTube über ihr Notebook (bei mittlerer Lautstärke) laufen. Testen Sie das gleiche danach ruhig noch von Ihrem Fernseher oder der Musikanlage. Die Boxen an sich können hier einen großen Unterschied machen. Selbst bei dem teuersten Notebook wird sich das gleiche Video nicht so real anhören, wie auf einer 7.1 Dolby digital Surround Soundanlage im Wohnzimmer. Testen Sie mit den Ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten.
- Ergebnis a)
Hund reagiert nicht / kaum merklich -> Sie werden aller Wahrscheinlichkeit nach über Geräusch-CDs oder Videos kaum bis gar nicht trainieren können. - Ergebnis b)
Ihr Hund reagiert "verängstigt" auf die digitalen Geräusche -> Sie können damit versuchen Ihren Hund an eine entsprechende Geräuschkulisse zu gewöhnen. Einen Garant kann Ihnen hierbei jedoch auch niemand geben. Ein echtes Feuerwerk bringt neben den Geräuschen (nicht digitalisiert) noch etliche weitere Punkte mit sich, die das Erlebnis für den Hund verschlimmern können. Darunter der Geruch nach Schwarzpulver, blitzende Lichter und vor allem die "Druckwelle" nach den Explosionen. Wer schon mal auf einem großen Volksfest ein Feuerwerk erlebt hat, kennt dieses Gefühl womöglich auch am eigenen Leib. Nach einer großen Explosion können auch wir Menschen den Druck spüren. Tiere sind für so etwas viel sensibler und nehmen auch kleinere Druckunterschiede wahr. Katzen beispielsweise merken schon eine Stunde vorher, dass es wohl regnen wird, weil Sie u.A. den Druckunterschied in der Luft war nehmen.
Einen Versuch ist diese Training dennoch wert.
Während des Trainings haben Sie bitte immer Ihren Hund im Auge. Mit menschlichen Worten beschrieben würde ich sagen: Ein leichtes Unwohlsein bei Ihrem Hund ist okay. Ihr Hund sollte nicht panisch sein. Ist sein Stress / Angst Pegel zu groß vermindern Sie den Reiz oder unterbrechen gar das Training vorerst. Jeder Hund hat seine eigenen individuellen Grenzen und signalisiert seine Gefühle anders. Da kennt aber jeder Hundebesitzer seinen Hund idR. am besten. Sollte Hasso jedoch sabbernd und schlotternd unter dem Esstisch sitzen, ist der Reiz in jedem Fall zu stark. Lassen Sie im Zweifel ihr Bauchgefühl entscheiden.
Nun zum Trainingsablauf
Wann:
Starten Sie mit den Videos (wechseln Sie diese ruhig im Laufe des Trainings) einige Wochen vor Silvester. Je früher Sie damit anfangen können, desto besser. Bei einem Training mit Ziel der Gewöhnung an einen Reiz ist mehr Zeit idR. zielführender. Zeitdruck ist das letzte das Sie haben wollen. Passen Sie sich der Lerngeschwindigkeit ihres Hundes an. Aber auch auf den berühmten letzten Drücker (z.B. 2 Wochen vorher starten) kann eine Verbesserung für Hasso diesen Jahreswechsel stattfinden.
Wie:
Stellen Sie sich das Training vor wie mit einem Menschen und Höhenangst. Wenn diese Person bei 1 Meter Höhe Panik bekommt, begeben Sie sich erst mal auf 80cm, bis diese kein Problem mehr darstellen. Im Verlauf des Trainings steigert man dann die Höhe auf 90cm, dann auf 1 Meter und irgendwann kann der Mensch ggf. auf dem 5 Meter Turm im Schwimmbad stehen, ohne in Panik zu verfallen.
Sie wollen also mit einem möglichst schwachen Reiz (der für Hasso noch gut auszuhalten ist) anfangen und diesen über eine entsprechende Zeit verstärken - in unserem Fall die Lautstärke erhöhen. Die Geschwindigkeit gibt hierbei der Hund und seine Reaktion im Laufe des Trainings vor. Starten sie z.B. auf 10% der möglichen Lautstärke Ihres Gerätes. Halten Sie den Geräuschpegel über einen möglichst langen Zeitraum aufrecht und beobachten Sie Ihren Hund. Da aber kein Hundebesitzer den ganzen Tag Silvesterkrach in der Wohnung haben möchte werden die Geräusche wohl bei keinem den ganzen Tag laufen. Zumindest mit steigender Lautstärke nicht ;-)
Ich empfehle für den Anfang 30-60 Minuten pro Tag verteilt auf 2-3 Übungseinheiten. Später dann kann dies auch an einem Stück stattfinden.
Steigern Sie über die Tage die Lautstärke und ggf. die Länge der Trainingseinheiten. Vergessen Sie aber nicht Ihre Nachbarn im Zweifel zu informieren.
Wo:
Das Training kann ruhig ausschließlich in Ihrer Wohnung stattfinden. Ein gleichbleibender Ort vereinfacht hierbei die Gewöhnungsphase für den Hund. Sie werden sich mit Fiffy ja hoffentlich nicht am Silvesterabend um 0:00 Uhr mitten auf den Marktplatz stellen.
Ihr Verhalten:
Sofern möglich verhalten Sie sich so normal als möglich. Körperkontakt zu Ihrem Hund ist natürlich gestattet, wenn es ihm hilft. Leichte Berührungen oder z.B. Kontaktliegen kann auch beim Hund zur Ausschüttung von Glückshormonen führen. Diese wirken den Stresshormonen entgegen. (vereinfacht gesagt)
Vermeiden Sie jedoch durch übermäßige Aufmerksamkeit die Situation unnötig aufzubauschen und aus Sicht Ihres Vierbeiners "besonders" zu machen.
Was aber tun, wenn der Hund nicht auf die CD reagiert aber dennoch an Silvester Angst hat?!
Hierzu gibt es kein Allheilmittel. Mit den von mir unten geschilderten Tipps können Sie aber zumindest diesen einen Abend im Jahr für Ihren Hund erträglicher machen.
Diese Dinge habe ich bei meinen Hunden und diversen Besuchshunden immer durchgeführt und meist ein besseres Ergebnis erzielt als ohne.
- Rollladen runter, Fenster zu
Wie schon beschrieben kommen zu dem Krach noch Faktoren wie Geruch, visuelle Eindrücke und Druckunterschiede. Durch herunterlassen der Rollläden bei geschlossenem Fenster fällt schon vieles weg. Der Geruch bleibt draußen, die Lichter dringen nicht in ihre Wohnung und Druckunterschiede können vom Hund nicht wahrgenommen werden. - Rescue Tropfen / Bachblüten
3-5 Tage vor Silvester gebe ich täglich einige Tropfen in das Trinkwasser meiner Hunde. Dies sorgt für einen entspannteren Gesamtzustand. Der Hund fährt sprichwörtlich nicht so schnell / stark hoch. Beachten Sie hierbei bitte die Gebrauchsanweisung nehmen Sie Tropfen für Kinder. Diese sind idR. ohne Alkohol. - Finger weg von Medikamenten (Beruhigungsmitteln)
Viele davon fahren den Organismus des Hundes zwar auch runter, schränken aber oftmals nur die Muskulatur ein. Im schlimmsten Fall ist ihr Hund im Kopf hellwach, kann sich aber nicht seiner Angst entsprechend beispielsweise nicht verstecken, da er nicht Herr über seine Bewegungen ist. - Actionfilm Abend
Dieser Tipp wirkt für einige erst mal abwegig, hat aber bei meinen Hunden den größten positiven Effekt erzielt. Schauen Sie am Silvesterabend ab 18:00 Uhr einen Actionfilm (mit Geballere wie Terminator o.Ä.) nach dem anderen, bis draußen der Spuk vorbei ist. So ist der Geräuschunterschied für den Hund von "filme gucken" zu "Silvesterballerei" nicht so groß. Man hat ggf. eine recht kurzfristige "Gewöhnung" an diesem Abend erreicht. (Das Wort Gewöhnung ist hier wissenschaftlich und erzieherisch zwar fehl am Platz, ein besseres Wort wollte mir aber nicht einfallen.) - Sichere Höhle bauen und die Gruppe zusammen halten
Hunde verziehen sich gern, wenn ihnen etwas unbehaglich erscheint. Wenn Sie also auf der Couch sitzen und wie oben beschrieben Filme schauen, bauen Sie ihrem Hund in unmittelbarer Nähe eine kleine Höhle und verhängen Sie alle Seiten bis auf eine mit einer dicken Decke. (z.B. mit Stühlen, Kartons oder einem Tisch). Die offene Seite sollte zu Ihnen zeigen. Lassen Sie ihrem Hund die Wahl dort hinein zu gehen. Sperren Sie ihn bitte nicht in eine Box, wenn er vielleicht viel lieber unter dem Wohnzimmertisch liegen würde. Lassen Sie Hasso ruhig selbst die Wahl treffen und einen gewissen Bewegungsspielraum. Sollte er immer wieder "flüchten" können Sie ihm die Höhle "vorschlagen / anbieten". Setzen Sie sich zur Not ruhig direkt vor den Eingang und geben dem Hund das Gefühl nicht allein zu sein. Leichter Körperkontakt ist auch hierbei nicht schädlich. Siehe Absatz Geräusch CDs.
Ich hoffe dieser Artikel konnte Ihnen etwas helfen und Sie und ihr Vierbeiner überstehen die Silvestertage so gut als möglich. Andernfalls bleibt immer noch die Möglichkeit einfach vor den Silvestertagen zu fliehen und mit Hund und Kegel in eine ruhige Hütte (beispielsweise in der Eifel) zu gehen.
Bitte beachten Sie, dass dieser Artikel nur ein paar Aspekte beleuchten kann. Während für Luna keiner dieser Tipps hilfreich sein könnte, kann Fiffy damit vielleicht einen einigermaßen angenehmen Abend verbringen. Viel Erfolg und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
Dirk für
www.stadtfelle.de